Der moderne Mensch: Gefangen im Körper eines Steinzeitmenschen

 

Probleme, Praxis und Perspektiven für betriebliche Gesundheit

Ein Text von André Haep, Personal Trainer, Diplom Sportwissenschaftler und Referent an der Deutschen Sporthochschule Köln.


Der moderne Mensch 

 

Der moderne Mensch steckt immer noch im Körper eines Steinzeitmenschen. Sein Umfeld und sein Alltag haben sich jedoch extrem verändert. Fehlende und einseitige Bewegungen und Belastungen gepaart mit Dauerstress, bringen in der heutigen Zeit viele Probleme mit sich.

Im Jahr 2022 fehlte jeder Arbeitnehmende in Deutschland krankheitsbedingt durchschnittlich 15 Tage (Statista, 2023). Damit erreichte der Krankenstand in Deutschland einen neuen Höchstwert.Zu den Hauptgründen zählen Rückenleiden und chronischer Stress.

 

Warum ist das so? Warum schaden unserem Körper die Herausforderungen des modernen Alltags so stark? Welche Auswirkungen hat dies auf Arbeitnehmer und Unternehmen?

 

Unser Ursprung: Leben im Steinzeit-Körper

 

Der Mensch ist im Vergleich zu vielen anderen Säugern in Sachen Muskelkraft unterlegen. Doch es gibt eine Disziplin, in der wir uns mit den allerbesten in der Tierwelt messen können: der Dauerlauf. Vor etwa zwei Millionen Jahren entwickelten unsere Vorfahren den aufrechten Gang und die Fähigkeit durch den Dauerlauf Tiere zu jagen. Die sogenannte Ermüdungsjagd scheint der Evolution des Menschen jene Wende gegeben zu haben, die auch sein geistiges Vermögen entscheidend prägte. Hier profitiert der Mensch von einer entscheidenden evolutionären Anpassung, nämlich unsere einzigartige Fähigkeit, uns nicht durch Hecheln, sondern aufgrund der fehlenden Körperbehaarung durch Schwitzen abzukühlen. Damit die Steinzeitmenschen überleben konnten, mussten sie sich bewegen, d.h. jagen und sammeln. In der heutigen Zeit reicht der Gang zum Kühlschrank oder zum Auto aus, um Nahrung zu beschaffen. Auch in der Arbeitswelt sind sitzende bzw. einseitige Tätigkeiten Alltag. Jedoch steckt die Steinzeit weiterhin in unseren Knochen - wir haben immer noch einen Körper von Jägern und Sammlern und sind von Natur aus Läufer. Unser Organismus unterscheidet sich weiterhin kaum von Menschen, die vor 10.000 oder auch 100.000 Jahren gelebt haben.

 

Bewegungsmangel und einseitige Belastungen der modernen Welt

In der heutigen Welt, vor allem in den Industrieländern, ist der menschliche Körper chronisch unterfordert, und das schon im Kindes- und Jugendalter. Durch Dauersitzen und dadurch fehlende Reize leidet die Muskulatur und der Stoffwechsel. Daraus entstehen Fehlhaltungen, Schmerzen (vor allem im Rücken) sowie Übergewicht. Beinahe jeder dritte Erwachse hat öfter oder ständig Rückenbeschwerden.

 

Zudem wohnt in allen Menschen ein Instinkt inne, der ihnen sagt: „Bewegen wir uns, wenn es sein muss. Und ruhen wir uns aus, wenn wir können“. Die WHO empfiehlt 150 Minuten Bewegung pro Woche. Laut dem Gesundheitsreport (2021) der DKV und der Deutschen Sporthochschule Köln sind die Deutschen jedoch so bewegungsfaul wie nie: Noch nie wurde so viel gesessen wie in diesem Jahr – mit durchschnittlich 8,5 Stunden pro Tag (bei jungen Erwachsenen sogar 10,5 Stunden). Auch die Abfrage nach Erreichen eines Richtwertes für ein gesundes Leben in den fünf Lebensbereichen körperliche Aktivität, Ernährung, Rauchen, Alkohol und Stressempfinden erreichten nur 11 Prozent. Die Corona Zeit hat diese Problematik nochmal enorm verschlechtert.

 

Direkte Auswirkungen für Unternehmen

 

Diese Problematik hat nicht nur fatale Auswirkungen auf den modernen Menschen, sondern auch für Unternehmen: Die Mitarbeitenden leiden immer häufiger an chronischen Schmerzen wie z.B. Rückenschmerzen sowie an Dauerstress und Depressionen. Die aktuellen Krankenfehltage sind alarmierend: In 2022 haben 5,5 Prozent der Mitarbeitenden krankheitsbedingt gefehlt – ein Rekordniveau (DAK, 2023). Hinsichtlich des demografischen, digitalen und biologischen Wandels ist die Tendenz weiter steigend. Die Arbeitswelt wird immer digitaler und die Mitarbeitenden werden nicht nur älter, sondern sind aufgrund der fehlenden Reize im Kindes- und Jugendalter, auch als Erwachsener körperlich nicht mehr so belastbar (biologischer Wandel). Dementsprechend sinkt die Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden und somit die Produktivität im Unternehmen.

 

Gesundheit ist nicht (nur) Privatsache: Die Verantwortung des Arbeitgebers

 

Dies Wandel sind bei Unternehmen jetzt schon spürbar und messbar. Gesundheit und Leistungsfähigkeit der Mitarbeitenden gewinnen immer größerer Bedeutung. Unternehmen versuchen sich stets auf die schnelllebige globale Welt anzupassen um erfolgreich zu bleiben. Hier sollten Verantwortliche die Wichtigkeit der Gesundheit der Mitarbeitenden für ihr Unternehmen und dessen Zukunft erkennen und entsprechende Maßnahmen etablieren. In der nächsten Ausgabe des Magazins geben wir Aufschluss über verschieden Ansätze von Maßnahmen, auch betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) genannt und welche besonders effektiv sind.

 

 
 

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